Pneumatische Spieltische Ergänzung

Zu den vergangenen Blogs habe ich Rückmeldungen bekommen, die mir zeigten, dass einige Dinge nicht ganz klar waren. Außerdem musste ich auch die in vorigen Blogs gezeigte Zeichnung als work in progress weiter verifizieren. Daher also diese Ergänzung, die damit beginnt, dass ich die Grundsätze aus Ellerhorst „Handbuch der Orgelkunde“ zu pneumatischen Spieltischen hiermit einfüge. Es handelt sich um drei Blätter, die wichtige Informationen beinhalten:

Dann möchte ich die nun fertiggestellte Zeichnung unseres Spieltisches präsentieren. Die Töne der Manuale C-f‘ laufen durch die Pedal-Koppel-Apparatur und werden durch Rückschlagventile durchgeschaltet. Falls im Pedal derselbe Ton wie im Manual gedrückt wird bei einer Pedalkoppel, verhindert dieses Rückschlagventil, dass eine weitere mögliche Manualkoppel durchs Pedal geschaltet wird.

Die Auflösung dieser Zeichnung ist eigentlich sehr gut, als *.tif Datei wäre die Größe rund 200MB, als PDF-Datei hingegen vektorbasiert nur 180 kByte.

Am besten ist es, diese Datei downloaden, dann kann man es gut vergrößern.

gwm

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zur Restaurierung pneumatischer Orgeln

In den vergangenen Wochen bin ich mehrfach von Organisten und Orgelbauern kontaktiert worden, die teilweise auf Probleme an pneumatischen Orgeln erinnert haben.

Dazu möchte ich ein paar Hinweise aus meiner Erfahrung geben, die auch aus dem Kennenlernen der Verhältnisse im europäischen und amerikanischen Ausland resultieren.

Zunächst einmal möchte ich anraten, dass bei pneumatischen Orgel, egal um  welches System es sich handelt, nie dogmatisch ein von vorneherein klarer und grundsätzlicher Weg vorgegeben ist.

Wo und wie kauft man ein

Zitiert sei ein Orgelbauer, der aufs heftigste Membranen, die als „Katalogware“ gekauft und eingebaut wurden, bemängelte, selbst hat er aber einen kompletten pneumatischen Spieltisch beim „Katalogorgelbauer“ Heuss für eine restaurierte Walcker-Orgel in Ilmenau gekauft, was wohl mehr als widersprüchlich erscheint.

 

Zum Leim

Ein weiteres Manko bei Fachdiskussionen ist, sich für oder gegen bestimmte Materialien auszusprechen. So wird zum Beispiel von Warmleim als das einzig vernünftige Leimmittel gesprochen, ohne zu unterscheiden, dass wir hier mindestens mit Bezeichnungen wie Knochen- oder Hautleim differenzieren sollten. Weil eben Dichtungsleder(mit Hautleim) anders verleimt werden soll , als Holz via Papier auf Holz (mit Knochenleim). Hinzu kommt, dass der kalt zu verarbeitende Fischleim sehr gut für Außendienstmonteure, aber auch zum Abdichten von Bleirohren Verwendung finden kann. Wichtig ist eben bei allen „Naturleimen“, dass das Wiederlösen der Verleimung problemlos geschehen kann, was zum Beispiel beim handelsüblichen Weißleim (Dispersionsleim) nicht der Fall ist.

 

Pneumatische Einzelteile

In der Tat kann der Einbau von pneumatischen Einzelteilen (Bälgchen, Membranen) die als Steuerungselemente im Spieltisch oder den Relais der Orgel dienen zu fatalen Fehlregulationen führen, wenn die Maße dieser Teile auch nur geringfügig vom Original abweichen. Daher ist es sinnvoll bei Restaurierungen die originalen Teile zu verwenden, wenn dies möglich ist. In jedem Fall aber soll die ursprüngliche Reguliereinstellung am Spieltisch und am Relais in der Orgel beibehalten werden, was vor Arbeitsbeginn eben dokumentiert werden sollte.

 

Zum Leder

Auch der Auffassung, dass jedem System (Auslass- oder Zustrom) und den dazu gehörigen Funktionselementen sein eigenes, ganz bestimmtes Leder zusteht, kann nur begrenzt gefolgt werden, weil wir nur wenig Möglichkeiten haben, die Variationen beim Spaltleder zu ordern oder gar zu beeinflussen. Die Weichheit, Dehnbarkeit, Dicke und Fülle des Leders hängen von den Gerbverfahren ab. Dem Orgelbauer bleibt nichts anderes übrig als hier Erfahrungen mit verschiedenen Lieferanten und dessen Produkten walten zu lassen. Für Membranen und Taschen haben sich Ia amerk. havanna Spaltleder, sehr gut bei uns bewährt, während bei ganz bestimmten Bälgchen Darmleder extra dünn zu verwenden war. Dazu sollte man noch sagen, dass dieses Leder extrem schwierig zu verarbeiten ist.

Die Palette also, von extrem dünnem Leder zu Spaltleder dünn oder mittel ist recht groß, umfasst aber noch lange nicht die verschiedenen Balgledersorten bis hin zum Rindbalgleder das rund 5 Quadratmeter Fläche umfasst.

 

Störungen an pneumatischen Orgeln

Ein Grund für das Nachlassen der pneumatischen Steuerungen war oft der Umstand, dass neu hinzugefügte Motoren nicht den erforderlichen Winddruck von 110-120mmWS hatten, der notwendig gewesen wäre, alle Bälgchen ordentlich zu treiben. Vor Einbau der Motoren konnte man noch die Bälgetreter verantwortlich machen, wenn das eine oder andere Ventil nicht öffnete.

Wir hatten außerdem mehrmals festgestellt, dass gelötete Versorgungsrohre durch hohe Feuchtigkeit aufgegangen waren, was ebenfalls den Winddruck gewaltig reduzierte. Eine Orgel in England, so wurde es uns gesagt, hatte mehrere Jahrzehnte nur eingeschränkte Funktion, weil ein zum Spieltisch führender Kanal an unsichtbarer Stelle gerissen war. All das sind die Hauptgründe warum man im Deutschland der 1950er und 60er Jahre von Pneumatik nicht mehr viel wissen wollte.

 

Historie

Die Entwicklung  pneumatischer Orgeln bei Walcker kann in einem historischen Rahmen gefasst werden:

ab 1890 Walcker baut pneumatische Kegelladenorgeln mit Keilbälgchen

diese Instrumente sind robust und einfach konzipiert, angelehnt an mechanische Ideen

ab 1892 versuchsweise elektropneumatische Orgeln werden gebaut

ab 1905 Elektropneumatik, vermehrt kommen Auslaßsysteme (Membran-, Taschen-,                          Hängebälgladen) zur Anwendung

ab 1920 pneumatische Orgeln werden zum Zwecke von Selbstspielorgeln(Organola) weiter verfeinert, besonders im Koppelbereich finden Platzeinsparungen und interessante Verbesserungen statt

ab 1930 das Kleinorgelprogramm von Walcker wird nun mit elektrischer Traktur neu durchdacht (Multiplexsystem) und angeboten.

Es ist möglich, dass man noch vereinzelt pneumatische Orgeln von Walcker nach 1930 ins amerikanische Ausland geliefert wurden, weil dort eben Vertreter darauf bestanden, das alte längst bewährte System zu verwenden. In jedem Fall war nach 1945 klar, dass dorthin nur noch elektropneumatische Kegelladenorgeln geliefert wurden. Und die pneumatischen Orgeln auf dem amerikanischen Kontinent, vielleicht mit Ausnahme von Mexiko, drifteten mangels Fachkräften ins technische Jenseits, als nach rund 80-100 Jahren die Lederteile soweit verschlissen waren, dass man ohne gründliche Reparatur die Orgel nicht mehr benutzen konnte. Dazu kam, dass Restaurierungen solcher Instrumente finanziell in den nun wirtschaftlich sehr begrenzten Ländern Lateinamerikas an ihr Ende kamen.

 

Bilder

 eine der letzten pneumatischen Riesen, um 1912 gebaut von Furtwängler& Hammer mit Taschenladen und teilweise 25m langen Bleirohren zum Fernwerk. Diese Orgel ist mit Taschen-Windladen gebaut worden.

 

Die Walcker-Orgel Opus 2117, gebaut 1926 nach Quito, San Agustin, mit immerhin 18 Register. Die Koppelanlage wurde außerhalb des Spieltisches in der Orgel untergebracht. Der Spieltisch siehe unten, sieht ganz aufgeräumt aus.

Der typische Arbeitsplatz mit Hautleim und Spaltleder zum Beledern der Bälgchen

 

Schöne Weihnachten und ein gutes Neues wünscht:

gwm

(in der Wüste ist wenigstens alles zeitlos und es strahlt eine wie immer geartete Sonne…)

 

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Bilder einer Restaurierung: Spieltisch pneumatisch

Der hier gezeigte Spieltisch kam in einem eklatant verwahrlosten Zustand in unserer Werkstatt vor rund 6 Wochen an. Wie bereits beschrieben stand zuerst einmal die technische Erfassung dieses wichtigen Orgelteils via CAD auf dem Programm. Dann endlich konnte ein Plan zum Ablauf der vielen verschiedenen Arbeiten erstellt werden.

Hier die noch nicht abgeschlossene Story in kommentierten Bildzeilen.

Reinigen und Austuchen der beiden Manualklaviaturen

Es gibt zwei pneumatische Apparate in diesem Spieltisch, die umfassend restauriert werden müssen:

  1. Der Pedalapparat für die Koppeln I/Ped und II/Ped und die direkte Pedaltonsteuerung

Hier haben wir eine sehr fein ausgedachte Koppelsteuerung mit Rückschlagventilen, die nur wenig Platz im Spieltisch beansprucht. Alle Membranen in diesem Apparat wurden erneuert

  1. Die Steuerung für die beiden Manuale, die II/I Koppel, sowie Sub und Super II/I Koppeln

Hier wird der Korpus gründlich überarbeitet und alle 150 Koppelbälgchen werden neu beledert

Das äußerlich extrem beanspruchte Gehäuse und praktisch alle Holzteile dieses Spieltisches müssen grundsätzlich behandelt werden.

Am Schluss werden alle Bleirohre mit Stahlwolle gereinigt und neu mit einer geheimen, alchimistischen Leimmischung aus Fischleim und Steinmehl eingeleimt.

Die Windhauptleitungen zu den einzelnen größeren Keilbälgen und Versorge-Stationen (Manual-und Pedalventile, Registerschaltung etc.) werden am Ende, wenn alles fertig und geprüft ist verlegt.

gwm

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Lieb Orgel-Land magst ruhig sein…

Deutschland, vormals das Land der Musik, jetzt das Land der Orgelmusik und des Orgelbaus, wobei wir das brachiale Element dieser Kulturansprüche etwas dekonstruieren wollen, das für den deutschen Eisenbahningenieur steht, der wiederum in Schild-Papenburg bereits seine Gleise verlegen konnte. Es wird an allem scheitern was mit Tiefsinn und feinsten Nuancen (eine Franzosenvokabel) einst seine Hörer verzauberte. Wobei auch in diesem Zauber ein hohes Maß an Dekadenz und Schauspielerei (der wir heute 2/3 unserer Freizeit opfern) untergeordnet war, wie Nietzsche in „Der Fall Wagner“ wunderbar herausarbeitete.

Was man den Deutschen heute vorwerfen kann, auch im Hinblick auf ihre tatsächlich aus tiefsten Inneren herrührender Bereitschaft die Nazivergangenheit aufzuarbeiten, ist ihre monströse Historienvergewaltigung in allen Kulturdingen. Da werden Museen aufgeputzt  um den von Werbefernseheffekten genotzüchtigten Dauerglotzer wenigsten zwei, drei Blicke abzuringen. Weimar, Leipzig, Berlin müssen als historisch aufgeputzte Märchengärten herhalten. Das Wort „Kultur“ flimmert in deutschen Stammsendern am laufenden Band, selbst Kopfschmerztabletten sind Kulturgut auf Knopfdruck. Wer heute „Arte“ guckt, der gilt bei den meisten Glotzern schon als Intellektueller.

In den 1950-60er Jahren hat man in Westdeutschland alles alte Orgelzeugs entsorgt und meinte, dem Zauberlehrling gleich, die Geister der Nazivergangenheit aus den Kirchen damit entfernt zu haben. Die Verwechslung von „alt“ und „historisch“ und „bedeutend“ fiel erst viel später auf.  Nun, nach drei Jahrzehnten der Verwüstung werden genau die umgekehrten Methoden angewandt. Jede aufgefundene und als „historisch“ gebrandmarkte Pfeife wird als unbedingt erhaltungswürdig klassifiziert, egal ob man diese noch stimmen kann  und völlig egal, ob sie überhaupt noch klingt. Ganze Register hängen wie Herbstlaub in gutklingenden Orgeln, nur weil es eben denkmalgerecht sein soll. Das treibt nicht nur die Kosten einer Restaurierung in die Höhe, das Unverständnis der sinkenden Kirchenbesucherzahl solchen Unternehmungen gegenüber nimmt drastisch zu.

Ein weiteres historisches Missverständnis macht sich breit, im Osten des Landes, dass nun alles was wir im Westen in den 1950er unter „Nazi-Entsorgung“ erledigt haben, dort in die Gefahr gerät als „DDR-Müll“ klassifiziert und auf gleiche Weise entsorgt werden soll: Die Sauer-Orgel im Volkshaus in Jena, 1987 als Opus 2207 gebaut mit III/59, die bis zu seinem kürzlich erfolgtem Tod von Hartmut Haupt umsorgt wurde.

Trotz Pflegenotstands ist das ein Instrument, das für eine typische Saalorgel des damaligen DDR-Orgelbaus eine historische Dimension besitzt.  Hier kann sich jeder einer Petition anschließen, die unter anderen von Olivier Latry unterzeichnet wurde: Petition Sauer-Orgel Jena.

Wir hoffen nicht mehr darauf, beim Auseinanderbröseln der Kirchen in Mitteleuropa auf einen Kulturschock, auf ein Aufatmen und tiefere Auseinandersetzung mit Schaffen und Setzung von Kulturzielen, wie das einst hier selbstverständlich war. Aber was wir erhoffen, das sind einzelne Meilensteine zu schaffen und zu erhalten, die uns erinnern, die sowohl in die Vergangenheit wie in die Zukunft deuten können.

gwm

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Pneumatischer zweimanualiger Spieltisch von Walcker aus 1922

Dieser Spieltisch für San Mateo, Gran Canaria, wurde 1922 mit  pneumatischer Steuerung für eine Taschenladenorgel von Walcker unter Opus 1990 gebaut und wird derzeit in unserer Werkstatt restauriert.

Bemerkenswert an diesem Spieltisch ist der Umstand, dass die Pedalkoppeln sehr intelligent gelöst wurden. Die jeweils dreißig Töne von den Manualen gehen über Rückschlagventile ins Pedalrelais, wo eine Weiterleitung an C-f1 sowohl im I. und II.Manual- Abgang zur Orgel erfolgt (unter der Pedalklaviatur). Dadurch werden die schwer zu regulierenden Koppelbälgchen, die normalerweise an die Manualventile greifen eingespart. Man hat zwar dadurch 60 Membranen mehr, aber deutlich an Komplexität und Störanfälligkeit eingespart.

Noch sind wir ganz am Anfang dieser schwierigen Arbeit, die besonders durch ein völlig irrationales Abbauverfahren, bei dem alle Bleirohre ausgerissen wurden, höchste Konzentration und sorgsame Vorbereitungen erfordern.

gwm

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Die Schöler-Orgel aus 1764 in Dörsdorf

Bei einer Reinigung und klanglichen Überholung in Dörsdorf (Rhein-Lahnkreis).

Die Orgel ursprünglich gebaut von Schöler 1764 wurde seit dieser Zeit etliche Male gereinigt und im Pfeifenwerk erneuert, zuletzt wohl von Oberlinger in den 1980er Jahren. Der hier gezeigte Magazinbalg wurde 1909 neu eingebaut.

 

Manual C-d3 =51

  1. Principal 4 Fuss
  2. Viol di Gamba 8 Fuss
  3. Gedact 8 Fuss
  4. Salicional 4 Fuss
  5. Fleut travers 4 Fuss
  6. Quint 3 Fuss
  7. Kleingedact 4 Fuss
  8. Octav 2 Fuss
  9. Mixtur 3 fach
  10. Trompeta 8 Fuss
  11. Vox humana 8 Fuss

Pedal C-ds1 28 Tasten

  1. Subbass 16 Fuss
  2. Octavbass 8 Fuss

Wie schon der selige Joh. Christian Wolfram in seinem Buche „Anleitung zur Kenntniß, Beurtheilung und Erhaltung der Orgeln“ , kurz „Orgel für Dummies“ bereits im Jahre 1815 schrieb, sollte man dem Balge besondere Pflege und Widmung erfahren lassen. Hier läge ein besonderes Übel im Argen, weil neben den tollpätschigen Calcanten, welche immerfort den Balgschemel sehr unsanft niedertreten (oder sie springen wohl gar während dem Treten von einem Balgschemel auf den anderen und bewirken dadurch ein sehr empfindliches Schwanken des Orgeltones, es noch andere Tollpatschen giebt, die unnützes Zeug wie Wurstpfannen oder Brotmahlzeiten auf dem Balg am Sonntagmorgen verspeisen, während die Orgel zum Choralvorspiel anzuheben gedacht, aber missliebiges Tonzeugs erscholl. Entgegen den üblen Gewohnheiten mancher Calcanten, die bei schwer zu tretenden Bälgen einige der aufgelegten Balggewichte entfernten, um sich die Arbeit zu erleichtern, fanden wir das Gegenteil an diesem Balg bewerkstelligt: manch einfaltiges Putzpersonal gedachte sich übrig gebliebenem Kirchenrüstzeugs zu entledigen und solches auf dem Balg einzulagern. Die gewohnten 30 Zoll Windprobe der zusammen gepreßten Luft  in dem Balg sollten so um gute 10 Prozente hochgeschnellt worden sein, was Stimmung und Klang solcherlei Orgeln aufs Unleidigste gesteigert haben. (dieses Büchlein des Organisten aus Goldbach bei Gotha kann bei mir kostenfrei bezogen werden, da ich eins davon übrig habe)

Hier noch eine Anmerkung aus jenem Jahr 1909 den Magazinbalg betreffend:

Und hier eine Fotografie, die allerhand Unruhe bei unseren Belegschaften verursachte, weil man es so nicht gleich einordnen konnte wohin es denn passen würde. Es handelt sich nicht, wie auf den ersten Blick gedacht, um einen größeren Orgelraum, sondern um einen Raum zwischen Raster und Stock. Der Lichtfluss jedoch suggeriert einen großen Saal:

Und so sieht der ausgeräumte Pfeifenraum aus, in der Front steht noch der Principal 4′, wohl das einzige Register, dass eine halbwegs tragbare Intonation von sich gab.

wird fortgesetzt….

gwm

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Die Koch-Orgel aus 1929 in Solingen

aus den verschiedenen Walcker-Orgeln der 1920er Jahre ist mir gut bekannt, dass hier seltsame Dispositionen mutiert sind. Hier nun in diesem kleinen Instrument mit nur 8 Registern hat man es mit einer spätromantischen Orgel zu tun, die aber ein „blaues Auge“ erhalten hat (Larigot 1 1/3 + 1), das wir etwas behandeln konnten.

Wesentlich unschöner waren Ausfälle am Pfeifenmaterial, das wahrscheinlich durch Kälte sehr sprödes Zinn an den Stimmrollen aufwies. Ein Weiteres waren die „elektrophilen Gestaltungen“ eines übereifrigen Elektrikers, der den erschfrischend einfachen Spieltisch der Orgel stark überzeichnete:

Hier wurden wir angehalten den gesamten „Schaltplan“ ins Orgelinnere zu verlegen und gleichzeitig alle Lampen zu ersetzen, was noch andauert.

Die Pneumatik litt an starken Repetitionsmängeln, was wir ebenfalls zur restlosen Befriedigung beseitigen konnten. Die vor 30 Jahren von Weimbs ausgetauschten Membranen waren aus Polypel, was zwar billiger aber heutzutage weniger gern verwendet wird.

In jedem Fall war der damalige Einbau des Larigot 1 1/3+1 ein Fehler. Der Organist verwendete dieses Register nie.  Ab c‘ zog das Register stark in der Lautstärke an und war unausstehlich. Wir haben den 1′ stillgelegt und die Quinte ab der Mitte erheblich in Lautstärke reduziert, was nun ganz neue Klangmöglichkeiten mit Gedackt 8 und Traversflöte 4 ermöglicht.

I.Manual C-f“‘ = 54 Tasten

1 Gedackt 8

2 Salicional 8 (C-H aus 1)

3 Gamba 8

4 Principal 4

5 Traversflöte 4

6 Octav 2

7 Larigot 2f.

Pedal C-d‘ = 27 Tasten

8 Subbaß 16

Pedalkoppel

Die Orgel steht auf pneumatischen Kegelladen und einen, wohl 1986 eingefügten Schwabbel-Schwimmerbalg, der aber bei der geringen Registerzahl halbwegs seine Dienste tut. Wir haben einen weitaus schwächeren Salicional gegen eine Gambe, die sicher als Principalersatz gedacht ist, diese Funktion aber nicht ganz erfüllen kann. Wunderschön ist die Traversflöte, ab c in Metall, ab c‘ überblasend. Auch die Octav 2 musste in Lautstärke reduziert werden. Nun hat man ein Tutti mit 1 1/3, das mehr quirlig glänzt und ein Tutti mit 2′ das mit gemäßigtem Organo-Pleno-Glanz die kleine Kirche in Burg gut füllt. Auch das Gedeckt 8 tut wunderbar und warm seine Dienste. Hier das komplette Sammelsurium:

Und hier noch ein Foto aus einer früheren Ausreinigung mit Lage der Register:

gwm

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Verfügbare Pfeifenorgeln aus Schottland

Die hier vorgestellten historischen Orgeln aus Schottland sind allesamt vorhanden und stehen zur freien Verfügung. Greifen Sie zu bevor der Brexit auch hier unüberwindliche Grenzen geschaffen hat. Weitere Beratung und Kostenermittlung fertige ich gerne für Sie an: gerhard@walcker.com

Arbroath Knox’s Church – Peter Conacher Orgel

Diese Orgel ist ein Instrument von Peter Conacher aus Huddersfield und war ursprünglich gebaut für die Brechin West Free Church im Jahr 1895. Die Umstellung erfolgte in 1948. Die Kirche ist nun geschlossen und wird in den nächsten Wochen verkauft.

Keithhall Church, nahe Inverurie – Ernest Lawton-Orgel (Aberdeen)

Diese Kirche wurde 2017 geschlossen, ist aber noch nicht verkauft. Es handelt sich um eine Ernest Lawton-Orgel, der bei Brindley & Foster in Sheffield  arbeitete und später mit Wadsworth in Aberdeen. Lawton machte sich 1898 selbständig. Seine ersten Orgeln sind von sehr hoher Qualität.

Foveran near Ellon, Aberdeenshire

Diese Kirche wurde 2008 geschlossen. Die Orgel dort ist ein schönes Beispiel der Arbeit von Laxton, datiert auf 1900.

Eyemouth gebaut von Cousans of Lincoln im Jahr 1908

Diese Kirche ist noch nicht geschlossen, aber sie möchten die Orgel gerne loswerden, um eine Türe an besagter Stelle einzubauen. Die Orgel wurde von Verwandten von Lincoln gebaut und sie hat ungewöhnlicher weise mechanische Schleifladen

Liff Church, Angus, Alexander Young – Orgel 1880

es handelt sich um eine Orgel mit 17 Register auf zwei Manualen u Pedal

Howgate, Midlothian – Orgel von James Bruce/Edinburgh aus 1830

Manual: Stop Diapason 8, Bass/Diskant, Dulciana 8, Principal 4

Weitere Orgeln sind verfügbar

Paisley St. James

von Father Willis 1884 gebaut und von J.W. Walker 1901 auf dreimanualig erweitert, ca. 38 Register auf elektropneumatische Traktur. Fotos gibt es auf NPOR

 

Aberdeen St. George’s, Tillydrone

Ein einmanualiges Instrument ohne Pedal installiert 1971 von Philip Wright aus einer Orgel von 1857, die von Merklin-Schultze aus Brüssel erbaut wurde (aus St. Margaret’s Episcopal Kirche, Forgue, Aberdeenshire)

Manual: Montre 8, Bourdon 8, Prestant 4, Doublette 2, Larigot 1 1/3 (Larigot von 1971).

 

Edinburgh Pius X Catholic Church – Forster & Andrews 1880 II/13

Great: Open Diapason 8, Stopped Diapason Bass 8, Hohlflote 8, Dulciana 8, Principal 4, Twelfth 2 2/3, Fifteenth 2 (preparation for one additional 8’ stop and one 4 foot)

Swell: Open Diapason 8, Viole d’Amore 8, Voix Celestes 8, Principal 4, Oboe 8 (preparation for a 16’ Bourdon, a Piccolo and a reed).

Pedal: Bourdon 16

 

Stonehaven Mackie Academy IIImanualige Ingram Orgel

findet sich auf der Mander website

 

Edinburgh Royal Infirmary

Eine James Conacher aus 1879 I/6

Edinburgh St. Margaret’s Parish II/11 Bj 1936 Compton

 

Cambuslang Old II/23 rebuild Conacher 1969  

diese Orgel kann auf ebay gefunden werden.

 

Dowally Church, Perthshire

Eine Casson Positive Orgel (findet man auf Walcker.com genauer beschrieben) die ursprünglich in Dunkeld Catedral 1900-1908 gespielt hat. Diese Orgeln sind hochinteressant, aber schwierig zu warten.  Diese Orgel ist mir bekannt, wir haben sie vor zwei Jahren während einem service gehört.

Gerne weitere Infos,

gerhard@walcker.com

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Orgel-Spieltechniken, Küchler-Blessing versus gwm

Sehr geehrter Herr Walcker-Mayer,

Sie schreiben in einem Ihrer Artikel, dass sämtliche von Ihnen befragten Organisten (u.a. Heinz Wunderlich) die Frage, ob man als Spieler das besondere Anspracheverhalten einer mechanischen Kegellade musikalisch für unterschiedliche Klangwirkungen nutzen könne, verneinten. Im selben Artikel beschreiben Sie kurz zuvor, dass die Tonventile bei einer Schleiflade durch den Winddruck „aufgerissen“ werden (und deswegen eine vergleichbar breite Gestaltungspalette gar nicht erst ermöglichen). Aus meiner Erfahrung muss ich Ihnen (und – im ersten Punkt – damit leider auch den vielen ungenannten Kollegen) widersprechen: es gibt durchaus Spieltechniken, mit denen sich in geradezu erstaunlichem Maße der Klang hinsichtlich seiner An- und Absprache modifizieren lässt. Freilich ist da dann geboten, das an vielen Stellen gelehrte und zu beobachtende „Rundstellen“ der Finger bzw. ein Spielen aus den Fingergelenken und damit ein Musizieren mit dem kleinsten „Federweg“ zu vergessen und eher zu einem Musizieren zuzuneigen, mit dem man über unterschiedlichste „Transmissionen“ arbeitet (je nach dem und immer flexibel: mal tatsächlich aus dem Fingergelenk, mal aber auch mit gestreckten Fingern, ganz sensibel auf den Wind- und Federdruck achtend, mal über das Handgelenk, mal über den Unterarm bis hin zum vollen Gewicht aus dem Rücken… und das immer und in sämtlichen Abstufungen). Das funktioniert an mechanischen Kegelladen hervorragend, lässt aber auch geradezu frappierende Klangerlebnisse an – gut in Mechanik und Intonation ausgestalteten – mechanischen Schleifladen zu: praktisch seit Beginn meiner Tätigkeit am Essener Dom ist mir eine große Freude, Laien und Fachleute zu überraschen mit dem großen Ausdrucksreichtum, den ein und dieselbe Registrierung (im Blindtest!) ermöglicht – einfach nur ausgehend von unterschiedlicher Anschlagsqualität. Regelmäßig zeigen dabei im Rahmen des internationalen Orgelzyklus‘ am Essener Dom Organisten wie László Fassang, Nathan Laube, Thomas Ospital und Daniel Beckmann (und viele, viele mehr – ganz bewusst verzichte ich hier auf die Nennung früherer Lehrer), dass solcherlei erwähnte Spieltechnik mitnichten irgendwelche quasi-unseriöse Suggestion ist, sondern schlicht einfach nur: gutes Orgelspiel. Gerne lade ich einmal nach Essen ein, um da entsprechendes aufzuzeigen und zur Diskussion zu stellen. (Dass sich mit einer solchen Spieltechnik übrigens auch das Schwellwerk der Rieger-Walcker in Trossingen durchaus souverän hat beherrschen lassen, sei nur am Rande erwähnt. Roland Eberlein agiert da sehr unprofessionell, wenn er Bossert in einem derart zentralen Punkt angeht, ohne den um seine Meinung zu fragen.) Mit besten Grüßen

Sebastian Küchler-Blessing

Domorganist zu Essen

 

Sehr geehrter Herr Küchler-Blessing,

Haben Sie besten Dank für Ihre hochinteressanten Ausführungen über Spieltechniken an Kegel-und Schleifladenorgeln, die für mich sehr lehrreich sind.

Ich denke, dass Sie in der Schilderung dieser Spieltechniken eine fantastische Art die Orgel zu spielen propagieren, die mich überzeugt haben, dass wir es einfach mit völlig unterschiedlichen Perspektiven der Organisten zu tun haben. So war Wunderlich eher ein  Vertreter einer modernen Spielweise, der einfach von der Orgel erwartete, dass diese möglichst seine klanglichen Vorstellungen vollständig beinhaltet. Das Wichtigste für ihn war bei der Interpretation von Reger eine gut abgestimmte Crescendowalze. Die Idee, dass er mit seinem Spiel an einer Kegellade den Klang modifizieren könne, war ihm völlig fremd. Weswegen er den  Vorschlag machte im Berliner Dom die Pneumatik gegen elektrische Steuerung zu ersetzen. Er übte ja auch ganz intensiv noch im neuzigsten Jahr an seiner elektrisch gesteuerten Hausorgel. Während nun die neuen Generationen, vielleicht kann man diese die postmodernen Interpreten nennen, am menschlichen Körper geschaffene Strukturen in den Interpretationsprozess einbringen, was sicher völlig neue Muster des Orgelspiels offenbaren wird. Es ist aber auch möglich, dass es sich um singuläre Perspektiven handelt, die zwar der Interpret bewusst wahrnimmt, aber der Zuhörer sich verweigert. Insbesondere wenn weitere Filter, wie die der digitalen Beschneidung tiefer ins Geschehen greifen.

Ich habe gestern ein Buch zur Seite gelegt, indem eine meiner stillsten Vermutungen laut und deutlich geäußert wurde: „Es gibt keine Realität, außer die, welche wir in uns selbst schaffen. Wir erzeugen die Realität der Dinge, auf die wir unsere Aufmerksamkeit richten. Unsere Realität existiert nur in der Wahrnehmung.“ Alles dies von Quantenphysikern seit Jahrzehnten geäußert, und die damit gewissermaßen eine Selbstaufhebung ihrer Disziplin bewirken. Denn damit wird gesagt, der Grad der Objektivität ist unendlich schmal. Ob wir Objektivität in der Kunst je finden, das könnte nächtelange Diskussionen hervorrufen.

Was ich damit sagen will, ist, Sie interpretieren nicht nur die Musik vergangener Kompositionen sondern Sie interpretieren auch Ihre Interpretation, zum Beispiel nach einem Konzert. Ihr als Künstler gefundener Weg, die Orgel wesensgerecht zu spielen, bleibt eben auch eine Perspektive. Vielleicht begeistert sie viele junge Organisten, was zu wünschen wäre, dadurch ist aber die andere Perspektive, die der dynamischen Klanggestaltung durch Tastenschlagen kein Interesse entgegenbringt, nicht die Welt des künstlerischen Orgelspiels versperrt. Denn in der Folge würde ja in der Tat Ihre Sicht der Dinge beweisen, dass elektrischen Trakturen den tiefsten Dimensionen künstlerischer Interpretationen kein Zugang gewährt würde.

Es gab und gibt ja genug bekannte Organisten, die gar keine Kenntnis von mechanischen Orgeln hatten, und trotzdem haben diese große Bekanntheit erlangt.

Dennoch muss ich sagen, finde ich Ihren Beitrag ganz toll, weil er gewissermaßen der heutigen Welt der Technik den menschlichen Körper entgegen hält und sagt: da ist noch viel mehr!

Danke und besten Gruß,

Gerhard Walcker-Mayer

 

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Orgeln in Gran Canaria

Eine Woche Intensivkurs in Sachen Orgel auf einer der kanarischen Inseln, das war ein schönes und nachhaltiges Erlebnis. Infolge nur sehr kurzer Reflexionszeit möchte ich mich auf vier Orgeln, die wir dort besichtigt haben begrenzen.

Zunächst haben wir die Walcker-Orgel in Galdar angesehen und gehört.

Es handelt sich hier um Opus 1686, gebaut 1912 mit 19 Register. Das Instrument ist sehr gut erhalten, wurde vor rund 10 Jahren gerichtet und besitzt nun einen brachialen Klang, der alles andere als „spätromantisch“ bezeichnet werden kann. Überzeugt hat die einwandfrei funktionierende Technik, alle Funktionen waren abrufbar. Schade ist, dass von einem Crescendoprinzip nicht die Rede sein kann. Es ist eher so, dass wir einen typischen Klang des 21.JH vor uns haben, der mich mehr erschreckt als erfreut hat.

Alejandro am Spieltisch oben genannter Orgel

Eine der teilweise gefürchteten OESA-Orgeln fanden wir in der Parroquia de San Juan in Arucas, (Fotos unten)  die mich aber ihres geschmeidigen Klanges wegen aber freudig überrascht hat. Doch  die Orgel wäre nach unserem Verständnis unspielbar.

Das Pedal funkt bösartig dazwischen, fehlende und missleidige Töne beeinträchtigen das Spiel auf diesem Instrument. Sie wird selten gespielt. Die Kirche muss außerdem mit Baumaßnahmen am Dach in den nächsten Jahren schon einiges investieren.

Oesa Orgel in Parroquia de San Juan in Arucas

Nach neuen Meeren aufbrechen: am Haus des Christopher Columbus, der hier in Las Palmas eine Zwischenstation eingerichtet hat bei seinen Fahrten nach Amerika, das war schon ein großes Erlebnis. Ganz toll hergerichtet von den Leuten.

Tolle Kakteen eines botanischen Gartens nahe Las Palmas, wo wir noch eine seit über 40-50 Jahren unspielbare Walcker ausgegraben haben. Es ist ein eigenartiges Werk, das noch       vor dem I.Weltkrieg 1914 gebaut wurde als Opus 1858 mit pneum. Kegelladen und 10 Registern auf II.Manuale. Und genau die gleiche Orgel mit selbem gotischen Gehäuse und Gestaltung aber mit Taschenladen ging 1923 nach San Mateo.

Auch das Werk in San Mateo, weswegen hierher auf die Insel gereist sind, ist seit längerer Zeit unspielbar und unser Ziel ist es, endlich diese und jene Orgeln wieder spielbar zu bekommen und so die Orgelmusik auf den Kanaren zu beleben.

 

Hier noch ein Instrument, das jeder kennt, der sich auf der Insel übers Touristische hinaus etwas bewegt: die Orgel der Catedral in Las Palomas:

gwm

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