San Salvador (9) Metaphysik am Rande des Vulkans

So sehr die Orgel als Symbol für die Ewigkeit herhalten kann, so sehr auch bemerken wir den Verfall und das Ausgeliefertsein dieses Instrumentes an die Zeit. Übrigens handelt es sich hier um die grundsätzlichen Auseinandersetzungen der abendländischen Philosophie, die festgemacht sind in den Begriffen „Sein“ (Platon) und „Werden“ (Heraklit).

Endlich, endlich hat uns das Instrument, an dem wir seit mehr als 8 Wochen herumschrauben, seine grundsätzlichen Klangwerte geoffenbart, und es kann gesagt werden, dass wir gründlich erstaunt waren, als zum ersten Mal das Prinzipalpleno: Prinzipal 8′, Oktave 4′ Mixtur 2′ 3-4fach in halbwegs stimmungsvollem Ton hören konnten.

Diese Pleno konnten wir auch unserem Ehrengast, Herrn Botschafter Bernd Finke, dem Initiator der Orgelrestaurierung, vorführen. Ja, und der war nachdem er sich das Ganze auch unten im Kirchenschiff anhörte, restlos von dieser Einlage begeistert. Vorher war bereits Konsul Eichler an der Orgel, ein Mann der die ganze schwierige Organisation mit dem Auswärtigen Amt durchgeführt hat. (Bild darunter)

Ein großes Problem stellte für die Arbeiten für die ja nur 10 Wochen Arbeitszeit eingeplant werden konnte, die starke Feuchtigkeit der Luft in der Regenzeit und die darauf folgende Trockenheit dar. So hatte ich ein Brett des Registerkanals im Schwellwerk prophylaktisch an einem zarten Riss mit Lederstreifen gesichert. Zwei Wochen Trockenzeit reichten, um das Brett mit einem Riss von 5mm Breite von vorn bis hinten zu trennen. Und das bei einer 65 Jahre alten Orgel.

Nun also sind bis auf den Subbaß alle Pfeifen eingebaut. Hier auf diesem Bild die Pfeifen des Schwellwerks, von vorne nach hinten: Basson (kommt klanglich nahe an eine Oboe, Harmonia aetheria 2 2/3 – 2 – 1 3/5 äußerst zart intoniert mit einem stählernen Strich, Flauto 4, hier sieht man die doppelte Länge ab c‘, ist klanglich eine Traverslöte, Nachthorn 8 wahrscheinlich Rössler-Mensur, Vox coelestis auf Schwebung zur Viola 8 gestimmt. (Bild links)

Das rechte Bild des Hauptwerks zeigt uns die Mixtur 2-1 1/3 – 1, Oktave 4′ und Bordunpfeifen. Mit dem schmalen Stimmgang ermöglicht durch ein Eichenbrett und Deckel der Relais, ist größte Vorsicht angesagt. Mehrere Mixturpfeifen waren durch Vorgänger plattgewalzt. Hat aber den Vorteil, dass man das Brett rasch ausbauen und dann bequem an die Magnete kommt. Die großen Pfeifen sind aus Zink, was dem Klang eine gewisse unterschwellige Schärfe gibt, die aber in diesem Raum durchaus erwünscht ist.

Natürlich gabs auch wieder Ausflüge, hier zunächst mal unser Vulkanotrip-Team und daneben ein Bild mit José und Sohn auf den Planes de Ronderos, wo man eine Aussicht auf ganz San Salvador samt eigenem Vulkan hat.

  

Dass die Hauptstadt des Mord-und Totschlags mit dem Namen des Heiligen Erlösers gesegnet ist, das ist eine Besonderheit, die mich eher an einen urtümlichen Aberglauben, als an ein Heilsversprechen erinnert. Hier ein kurzer Auszug aus einem Spaziergang durch die abendliche Innenstadt, von dem aber von allen westlichen Botschaften weitgehend abgeraten wird.

gwm

 

unmittelbar nach Erscheinen dieses Artikels ist der Vulkan Fuego, von hier aus etwa 250km entfernt, wieder ausgebrochen

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