Immer wieder höre ich, dass bei den rund 850 gebauten „Positiv E“ sich nach 50 bis 60 Jahren ab Geburtsdatum, klangliche und technische Veränderungen ergeben.
Durch Überarbeitung von über 20 Instrumenten dieses Typs an Erfahrungen bereichert, möchte ich hier ein paar Besonderheiten am Beispiel des Opus 3946 (ursprünglich für Bremerhaven gebaut, dann nach Mömlingen umgestellt) aufzeigen.
Hier zunächst die technischen Daten:
Bei diesen Orgeln aus 1960 gibt es anfangs noch keine Aluventile oder Wippen aus Aluminium. Später hat die Firma sogar Tasten aus diesem Leichtmetall gefertigt. Allerdings nicht über einen längeren Zeitraum. Ab 1969 kamen die Stahlgestell-Positive ins Programm, eine ebenfalls rasch auslaufende Entwicklung. Nun traten die E-Orgeln ihren Siegeszug an.
Hier also noch Holzwippen- und Abstrakten, aber auch berüchtigte Plastikwinkel. In den Windladen Holzventile mit harten Stahlfedern bestückt, die immer wieder zum Herausspringen geneigt waren. Deswegen wurden dort an beiden Ventilstiften Stellringen eingebaut.
Die hier gezeigten Lederpulpeten haben nie zu Störungen Anlass gegeben, weswegen wir sie nicht gegen Bleipulpeten ausgewechselt haben. Die Spielart litt durch andere Fehler, wie gewaltige Bleigewichte an den Tasten oder unnötige Masse von doppelten Lüstenklemmen, dicken Abstrakten, Messingdrähten etc..
Bleiben wir also beim Hauptproblem der Walckerschen Positive, die mit Doppelschleifen ausgestattet, eine echte Achillesferse bieten. Je nachdem, mit welchem Leder die Dichtungsringe drappiert sind, entstehen nach 30-50 Jahren Löcher in Material und Klanggestalt, die es zu beheben gilt:
Diese Federbälgchen neu zu beledern bereinigt einen wesentlichen Umstand nicht, nämlich, dass die Pertinaxschleife an Stock und Windladenboden dichtungsfrei aufliegt. Daher empfehle ich, nur einen Teil der Doppelschleife wiederzuverwenden und als Dichtungselemente Liegelindringe zu verwenden. Das erschwert etwas den Registerzug zu betätigen, beugt aber Geräuschentwicklung und fehlendem Wind im Einzelklang vor.
Es sollte dabei nicht der Fehler gemacht werden die Durchmesser der Federbälgchen 1:1 auf die Liegelindringe zu übernehmen, denn die Schleife reist dann von einer Bohrung zur anderen (das Verschließen des einen Lochs öffnet das des Nachbarn):
Es ist daher sinnvoller die ovalen Bohrungen (auch mit runden Liegelindringen) nachzuformen, wie teilweise hier ersichtlich:
Die Dammhöhe ist in unserem Fall Liegelind+Schleife+Liegelind (1,5+1,5+1,5=4,5mm). Beachtet werden muss bei der Auswahl der Liegelindringe, dass immer wieder mal Ausschussware sichtbar wird, die unter 1mm Dicke zu Blasgeräuschen Anlass gibt. Spart viel Zeit, dieses Zeug vorher auszumustern.
Die bleibestückten Auslässe belasten die Ventile und werden deswegen ausgebaut. Dafür wird ein blauer Filzstreifen übergeklebt, der an entsprechenden Stellen gelocht wird.
Klanglich hat das Instrument natürlich durch Wegfall von unerwünschten Klang-Löchern erheblich gewonnen. Sehr schön nun ist das Zusammenspiel von Rohrflöte und Mixtur oder dem vorher „undiszipliniertem“ Schwiegel 2′. Ein wunderschöner Prinzipal 4′ mit beinahe kernstichloser Intonation, der transparent und singend ins Geschehen tritt, hellt den Raum auf ohne langfristig durch Lautstärke zu ermüden.
Ein sehr schönes Werk, das wir nächste Woche fertigstellen wollen.
Dann sieht es wieder wie zu Beginn aus, anmutig und still:
gwm