Karg-Elert’s Oberndorf im Zweifel

Vielleicht war es Schicksal. Von Glück gesegnet aber war es, dass der Komponist Sigfrid Karg-Elert sein schwäbisches Oberndorf schon im Alter von 5 Jahren gegen Leipzig tauschen durfte. In Sachen Orgelkultur scheint der Ort überfordert zu sein. Denn die Diskussionen in der dortigen Evangelischen Stadtkirche haben nun  ein Niveau erreicht, dass selbst die Sieben Schwaben in Erstaunen versetzt haben würde.

Der Schwarzwälder Bote wartet auf mit einem Artikel „Wie darf eine Kirchenorgel klingen?“ indem er zunächst einmal einen Hersteller von digitalen Kirchenorgeln zitiert. Von Weltanschauungen wird dunkel gemunkelt, von „ideel wie finanziell“ !? Und man kann sich die stupide Diskussion innerhalb des „Förderkreises Evangelische Stadtkirche“ um das Thema „Orgel“ nur allzu bildlich vorstellen. Von „viel Kultur und Kulturerbe“ war die Rede und sogar von „Verantwortung gegenüber späteren Generationen“ aber auch von „Geld“. Am Ende aber, stellt sich heraus, dass dies der eigentliche Themenstrang war, denn davon scheinen die Schwaben etwas zu verstehen.

Wir haben es hier mit einer mustergültige Veranstaltung zu tun, wo Männer und Frauen etwas entscheiden, das in ihrem Leben gar keine Rolle mehr spielt, nämlich die Musik. Deswegen wird solches Thema gerne an sogenannte „Sachverständige“ delegiert, und ohne, dass man es je weiter hinterfragt, werden entweder von dieser oder anderen Seiten völlig unkünstlerische Menschen, Technokraten, aufs Thema losgelassen, die so blutleer sind, wie die daraus folgenden Instrumente. Hier in Oberndorf haben sie vielleicht nochmal Glück gehabt, indem man sich den Orgelbauer Braun hergeholt hat, der dann ganz vorsichtig „300.000,–“ flüsternd nannte, womit die Herrschaften endlich etwas zu beißen bekommen haben.

Die Unterscheidung zwischen einer Orgel und einem Technoprodukt wie ein digitales Instrument wird nie über eine Diskussion geklärt werden. Sondern es ist eher vergleichbar zwischen einem guten Mittagessen und einem synthetischen Klumpen Fleisch. Wer nur isst, um seinen Körper ruhig zu stellen, der wird die ganze Freude und Lebendigkeit eines herrlichen Gerichts nicht leicht erfahren. Wer Musik nicht als geistige Beanspruchung wahrnehmen kann, ist halt ein trauriger Wicht, dem nicht geholfen werden kann. Da kann die Finanzmathematik nicht viel ausrichten.

Wer aber die Disposition der ehemaligen Walcker-Orgel in Oberndorf  (Opus 1876, Bj 1916) sich durchs Gemüt zieht, tatsächlich dann die einzelnen Register so eins nach dem andern still im Oberstüble erklingen lässt, ja der ist gewaltig betrübt, über das was man da im Schwäbischen für seltsame Wortgefechte über „Orgel und Digitales“ hören muss.

 

Link zum Werkbuchauszug Disposition Oberndorf PDF

 

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