Vom Libanon nach Kairo (die grausamen Leiden eines Orgelbauers)

Mit entsetzlichen Träumen geschlagen Flug und Fahrt nach Beirut angetreten, um dann Freitag morgens (den 8.12.17) um 2:20 am Flughafen Beirut anzukommen.

Kein Taxi, wie abgemacht stand da. Hektische Telefonate wurden geführt und alle am Flughafen anwesenden Taxifahrer nach einer Fahrt nach Khirbet befragt, aber es war keiner dazu bereit. Noch war mir nicht klar warum.

Endlich gegen 3Uhr früh die Erlösung, ein Taxifahrer wird mich in der nächsten halben Stunde abholen. Den Berg hinter Beirut schafft der Mann nur im Zickzack, während er gehaltvolle Telefonate am Smartphone führt, mit Gesten und Ausrufen wie am Marktplatz. Zwei Auffahrunfälle rechts und links. Endlich das Bekaa-Tal in Sicht. Dort kommen wir in berüchtigte und gefährliche Nebelbänke. Sicht nur noch im Radius von einem Meter. Gegen 4:30 bin ich endlich in der Schneller-Schule. Restlos erschlagen, aber happy.

Am Sonntag nachmittag begrüsst mich Frau Däubler-Gmelin vor der Kirche, die extra wegen der Einweihung dieser Orgel aus Stuttgart angereist ist. Sehr interessante Gespräche, die 3000 Jahre alte Zeder hat sie mit Schwiegertochter und Vorsitzendem der Ebert-Stiftung besucht. Stolz erzählt sie, dass sie in einem Gremium der Musikhochschule Stuttgart im Vorsitz sei, und, dass dort über 45 Orgeln eingebaut sind. Nach dem Konzert wird sie mir ihre Anerkennung zur gelungenen Installation der Orgel ausdrücken, um dann schleunigst ihre Rückreise nach Deutschland anzutreten.

Weniger angenehm verlief das Bekanntwerden mit dem Deutschen Botschafter, der nicht das Mindeste getan hatte, um diesem Einbau Unterstützung zu gewähren.

Geldgeber, Orgelfreunde aus Deutschland, Angestellte und Lehrer aus dem Libanon waren gekommen, man sass abends noch zusammen zum Schwätzen, es lief alles rund.  Heitere Ruhe kehrte ein.

Am Mittwoch morgen um 4:30 Abholung durch einen neuen Taxifahrer. Im Nahen Osten sind die Taxifahrer das Salz in der Suppe der Gesellschaft. Man erfährt von ihnen die politische Lage und die Kartographie des sozialen Zustandes des jeweiligen Landes. Hier aber war ein besonderes Exemplar am Werk. Vor einem schweren Unfall kurz vor Beirut überholte er ein mit Blaulicht und Sirene fahrendes Polizeiauto, um dann wenige Meter weiter während einem slow-go sein Smartphone hervor zu gramen, und dann ein Tetrisgame während der Fahrt damit abzuspielen.

Hier ein Ausschnitt aus dieser Fahrt:

Von Beirut nach Kairo mit der Egypt-Air, das ist das Beste was es gibt. Man hat immer Platz in ihren Kisten und man lernt immer irgendwie ein paar interessante Gestalten kennen. Diesmal ein Organisator von Ärzte ohne Grenzen, der seit 30 Jahren in dieser Gegend arbeitet. Er war in Syrien, im Irak, überall wo’s so richtig gebrannt hat. Wir verabreden uns in Kairo zum Fischessen.

Nächster Taxifahrer, eine gemütliche Natur, von Airport Kairo ins fast schon heimelige Hotel Longchamps auf der Halbinsel Zamalek. Als ein Pickup auf dem Highway dreht und gegen Fahrtrichtung weiter trollt, wendet sich der Fahrer langsam und sorgenvoll an mich: „typical Egyptians“.

Die Mutter aller Städte hat mich wieder. Wie liebe ich dieses Bild, vom Hotel aus mit iPhone gezogen, der Wespenstock mit Satellitenschüsseln, die Fühler, um die Außenwelt abzufragen:

Am nächsten Tag bin ich mit einem Schüler, der die Tasten hält an der Walcker-Orgel. Vor der Tür ganz normaler kairoanischer Verkehr, überall wird gebaut. Von einer neuen U-Bahn munkelt man? Kaum Parkplatz mehr auf der Galaa-Street:

Zwei Bilder über die Walcker-Orgel, die zeigen, dass zwei Tage für die Wartung nicht zu wenig bemessen sind. Es wird hart geschafft, den Zeitrahmen auszuschöpfen:

blue Schwellwerk

und das Fernwerk, direkt unter dem Dach der Kirche, das für richtig knackige Temperaturen im Sommer sorgt (45 Grad und mehr):

Und schon sitze ich wieder im Taxi zum Flughafen. Der Zufall will es, dass der gleiche Fahrer mich wieder zum Flughafen fährt, wie zwei Tage zuvor. Verbeißt sich am Samstag  morgens um 5 Uhr in meinen Koffer, den er nicht mehr aus der Hand gibt und runter trägt, obwohl er und Koffer zu dick für den kleinen Aufzug sind. Die Straßen sind fast leer. Nur vor dem Flughafen Stau wegen Kontrollen.

Gegen 10:00 sitze ich im Flieger, zurück nach FFM und höre die fast an stoische Meditation gemahnende Stimme des Muezzins :

gwm

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