Über pneumatische Relais im Orgelbau

gibt es nicht sehr viel Literatur. (Ellerhorst ist ganz gut) Hin und wieder erhalten wir Anfragen die besonders auf schwierige Konstruktionen oder fehlerhafte Behandlungen rückschließen lassen.

 

Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Steuerungen:

  1. das Relais mit positivem Ausgang
  2. das Abschalt-Relais

Hier die Ansicht eines solchen Relais wie 1)           und hier die Schnittskizze dazu

 

Wir sehen, wenn vom Registerschalter oder von der Walze ein Impuls kommt, geht das Ventil auf und der Abgang zum Register in der Orgel wird freigeschaltet.

Bei unserem pneumatischen dreimanualigen Spieltisch haben wir für alle Register ein solches Relais wie unter 1) beschrieben. Es kommt ein pneumatischer Impuls in Form von Winddruck auf eine Membrane, die ein Ventil daraufhin öffnet und damit am Ausgang ein Bleirohr mit Wind füllt, das wiederum auf ein Relais trifft, das mit diesem Winddruck geöffnet wird. Hier kommt oft die Frage auf, warum man denn nicht gleich den ersten Impuls an das zu öffnende Ventil in die Orgel führt.

Die Antwort ist, dass der Winddruck der von den Registertasten über die Kegelventile zum Ausgang am Spieltisch führen würde nicht ausreicht, nach 20-30m Bleirohrlänge diese pneumatischen Ventile noch zu öffnen. Denn im Bereich  der Registertasten liegen versteckt und windraubend verschiedene Rückschlagventile der Festen Kombinationen. Daher hat sich der Erbauer zu dieser Maßnahme entschlossen.

Bei Walcker-Spieltischen (wird weiter unten gezeigt) wären solche Konstruktionen unnötig, da diese Rückschlagventile (Aluminiumplättchen) kaum Wind durchlassen und die gesamte Registerpneumatik wesentlich solider und exakter verarbeitet ist, als die Pneumatik des Erbauers unseres besprochenen Spieltisches.

Bei der Schnittzeichnung finden wir noch ein Rückschlagventil, das verhindern soll, dass z.B. vom Register die Walze eingeschaltet werden soll.

Das Abschaltrelais nach 2) gibt Ausstromeffekte frei, wie sie bei unserer Membranenkoppel erforderlich werden.

Im Ruhezustand ist der Wind ständig eingeschaltet (links), im Aktivmodus hingegen wird Wind abgestellt (rechts).

Ein weiteres ist die Koppelkonstruktion über sogenannte „Membrankoppeln“. Ich zeige hier eine Zeichnung eines solchen Wechselwindrelais und möchte das noch kurz erläutern:

Ist die Koppel ausgeschaltet befindet sich in der Koppelkanzelle Wind (hier haben wir drei hellblau  markierte Kanzellen für die Koppeln Sup I, Sup I/P und I/P). In dem Moment, wo die Koppel eingeschaltet wird, wird der Wind abgestellt und die Membrankoppel kann Wind von der Tontraktur durchlassen. Drücktnman im I.Man den Ton C wird die Membrane gehoben und leitet den Druck weiter zum Ton c des I.Man.

Soweit so gut, das Ganze hat nur einen kleinen Nachteil, dass nämlich das Abschalten des Winddurchlasses bei den Membrankoppeln nicht 100% bei allen Tönen unterbricht, etwas Wind, 10-30mmWS, je nach Winddruck der herangeführten Kondukte, wird man dennoch messen können.

In der Regel macht das nichts aus, weil dieser Druck nicht ausreicht ein Ventil hochzudrücken, aber es hat Nachteile in der Repetition und z.B. bei der Melodiekoppel oder anderen Festen Kombinationen, die mit den Tastenwinddrücken vom I.-III.Manual arbeiten.  Auch hier hat Walcker eine robustere Konstruktion, die dann, wenn mit Koppelbälgchen anstatt mit Membranen gearbeitet wurde, noch viel mehr Sicherheit bietet.

Hier also das Koppelsystem bei Walcker:

 

Und hier noch eine ganze besondere Relaisschaltung, die mir mindestens ein Wochenende erhebliche Nachdenklichkeiten verschafft hat:

Zunächst einmal sei gesagt, dass hier ein erheblicher Teil der Bleirohre durch die Lieferung herausgefallen waren und schon allein dieser Umstand mehr als genug Probleme mit sich brachte. Dann aber war es nicht möglich irgendeine Person aufzufinden, die erklären konnte, wie denn die Melodiekoppel und das Autom. Pedal eingestellt waren. Mal abgesehen von dem Umstand, dass man hier kein frei einstellbares Autom. Pedal erwarten konnte, sondern dass einfach beim II. und beim III.Manual die Registrierung im Pedal reduziert wird.

So ging es also am Ende nur darum herauszufinden, welche Register durch das II. und III.Manual abgeschaltet werden, wenn dieses Autom. Pedal in Funktion ist.

Und hier die Lösung: wenn im I.Man. eine Taste bewegt wird, werden die beiden Möglichkeiten der Ventile 7/8 und 9/10 abgeschaltet. Durch eine raffinierte pneumatische Aktion konnte dieses Ventil das mit 26/27 betätigt werden kann beide genannten Manuale ausschalten.

Also daraus konnte ich schließen, dass die beiden Bleirohre in blau zu Relais Q und O eindeutig zugeordnet werden konnten. Das III.Manual (egal welche Taste gedrückt ist) schaltet über die beiden Ventile links die Tastenimpulse vom I. und II.Manual ab, während das II.Manual Tastenimpulse vom  I.Man. ausschaltet.

Sehr interessant gelöst, mit einer pneumatischen Selbsthalteschaltung, die durch Auslöser wieder gelöst werden konnte.

 

gwm

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